Nur ein kleiner Segelausflug... (2003)
Aber genau dies war die Geburtsstunde unseres Segelausflugs 2003 durch Nord- und Ostsee. Denn vor einigen Jahren, beim Kauf unserer Bianca, hatten wir uns für jedes Jahr einen besonders spektakulären Urlaubstörn vorgenommen. "Plautze kriegen", alt und träge werden, das konnten wir schließlich immer noch. Da dieser Törn nun ziemlich unspektakulär "nur“ bis Oostende gelaufen war, musste für 2003 wieder etwas Neues, Gruseliges her. So kam ich auf die Idee, ähnlich wie schon 2001, noch einmal Schottland bis Inverness anzusteuern, weiter durch den Caledonian-Canal und Loch Ness in die Irische See, von dort über die Orkneys nach Norwegen bis Oslo zu segeln – alles in gelangweilten drei Wochen - und mich dort von Uwe ablösen zu lassen, der dann in einem betulichen Zwei-Wochen-Rücktörn durch die Ost- und Nordsee unser Schiff wieder nach Hause schippern sollte.
"Schaffst Du nie, völlig abgedreht, alles in 3 Wochen!“ meinte Uwe. "Ach, erst mal versuchen, ist doch sowieso nicht richtig planbar, da Poseidon uns jederzeit ne Harke zeigen kann, aber stell Dir 'mal vor, wenn wir im Schnitt mit einem Speed von 7 Knoten…." träumte ich schon vorplanend. Jedenfalls wuchs der Optimismus mit jedem Bierchen, schließlich waren wir 2001 mit einer 4-Mann-Crew auch bis Inverness gekommen und hatten dort dann nur wegen eines Sturms und einiger vorher in diversen Bars und Destillerien leichtfertig verplemperten Tagen die Rückfahrt nach Workum antreten müssen. Völlig klar: als wir die Kneipe verließen, war der Törn 2003 jedenfalls beschlossene Sache.
Zurück in Münster, musste erst einmal eine hartgesottene Crew aufgetrieben werden. Das war nicht einfach, irgendwie war der Watt-Wurm drin, denn jedes Mal, wenn wir von unserer Törnplanung und den entsprechenden Seegebieten erzählten, mussten wir hören, dass unsere segelerfahrenen Freunde und Bekannten gerade zu dieser Zeit bereits etwas anderes vorhatten. Uwe konnte schließlich seinen alten Kumpel David überreden, für die zweite Törn-Etappe zurück nach Workum wenigstens in Skagen anzumustern, während es bei mir mit der ersten Etappe ziemlich zappenduster aussah. Was lag da näher, als bei einem der monatlichen Stammtisch-Abende in unserer Vereinskneipe "Kruse Baimken" in konspirativer Runde mit blumig ausgeschmückten Geschichtchen von einsamen Meerjungfrauen, sagenhaften Bernsteinfunden und lasterhaften Destillerie-Besichtigungen die bedingungslos folgende Crew zusammen zu suchen?
Gesagt, getan! Beim nächsten Stammtisch konnte nach kurzem Marketing und einigen Prösterchen Matthias gewonnen werden, der bereits als Skipper und Ausbilder auf Ost- und Nordsee und dem Mittelmeer jede Menge Törnerfahrung gesammelt hatte, er war als Navigator und Controller vorgesehen. Dann war da noch Moni, die mir angenehm schnell ihr Ja-Wort gab: "Och, klasse, da war ich noch nicht!" Moni, mit diversen Ostseetörns in der Legende, war nicht nur als exzellent steuernde Rudergängerin, sondern auch als Logistik-Managerin vorgesehen. Damit hatte sie die schwerste Verantwortung übernommen, schließlich sollte nach ihren Berechnungen die Verpflegung für drei Wochen gebunkert werden. Dummerweise verdaddelte ich dann später kurz vor Törnbeginn ihre Vorgaben beim Einkaufen in Workum, so dass uns gegen Ende der 1. Etappe ausgerechnet in Norwegen das Bier ausging, aber davon später.
Abends an Bord, nach Kojenverteilung, kleiner Einweisung und Verstauen der privaten Utensilien, gibt es dann noch eine kurze Crew-Besprechung. Alle kultur-philosophischen Aspekte des modernen Abenteuer-Segelns werden noch einmal kurz durchgespült, äh, durchgespielt und beleuchtet: gibt es See-Ungeheuer unterwegs, die auch in die Pfanne passen? Lohnt es sich, nach den vielen Landgängen einen Kneipen- oder Destillerieführer zu veröffentlichen? Wird dort, wo wir hinsegeln, auch gelegentlich mit Messer und Gabel gegessen? Was tragen die schottischen Damen unter ihren Röckchen – wenn sie überhaupt welche anhaben - ? Jedenfalls kulminiert bald die Absacker-Stimmung an Bord.
Samstag dann das mühevolle Einkaufen und Bunkern, fast müssen wir einen Klein-LKW chartern, um all unsere Einkäufe abzutransportieren, und in Holland gibt es schließlich noch keinen Dosenpfand...! Aber wie war das denn noch? Vier Flaschen Rum, drei Konjäckchen, zweimal Wodka und diverse Schläuche Wein, aber dafür nur 130 Liter Bier? Für drei harte Segler über drei harte Wochen? Für diesen logistischen Supergau hätten wir sicherlich nicht den Schlimbach-Preis bekommen. Dafür krieg ich bestimmt noch mal 'nen Eintrag auf die Urne, wenn es soweit ist…: "Als Segler ruht er hier, Wattwurm hieß er – ohne Bier!" oder so. Bin da wohl etwas durcheinander gekommen, mit ernsten Folgen für uns später im norwegischen Tananger. Hauptsache, die Aufgabenverteilung ist gewohnt professionell: Uwe hat den genialen Einfall, unsere Bianca längsseits an die Kran-Pier zu legen, worauf Moni und ich nach dem Einkaufen das voll beladene Auto längsseits an die Bianca legen, damit Matthias es beim Übernehmen und Stauen der Verpflegung nicht so schwer hat.
Ein paar Trimmschläge am Nachmittag von Workum nach Makkum und zurück mit voll ausgerüstetem Schiff, und alle Vorbereitungen sind abgeschlossen. Uwe mustert ab und fährt sein Auto zurück nach Münster, um uns dann drei Wochen später in Skagen abzulösen.
Tja, das war`s eigentlich schon, der Törn selbst ist schnell erzählt.